Um dessen Annäherungen zu verhindern, kündigt er an, sich selbst bei jeder Kontaktaufnahme einen Finger mit einer riesigen Schere abzuschneiden. Schauspieler: brillant. Setting: atemberaubend. Und doch - als die Schere tatsächlich schnappt, kneife ich die Augen zu. Komödie? Nun ja, vielleicht tiefschwarzer Humor.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Den Humor in der Bibel habe ich erst auf den zweiten Blick entdeckt. Ein Kamel, das versucht, sich durch ein Nadelöhr zu quetschen - mit wilder Entschlossenheit in den Glupschaugen. Ein Hirte, der 99 Schafe dumm aus der Wäsche gucken lässt, um wie wild ein einzelnes zu suchen. „Welcher Mensch ist unter euch, der nicht neunundneunzig Schafe in der Wüste lässt und geht einem verlorenen nach, bis er‘s findet?“, fragt Jesus – als könne es nur eine Antwort geben. Aber das ist ja zum Lachen! Welcher gute Hirte lässt fast alle seiner Schafe allein – auch noch in einer Wüste, um einem einzigen nachzurennen?
Unlogisch. Verantwortungslos. - Umwerfend. Liebenswert. Ist das Jesu Humor? Drastisch Situationen überzeichnend? Um die Pointe herauszuarbeiten? Ich hätte Jesus gerne selbst erlebt. Gestik. Mimik. Die Stimme gehört. Jesus erscheint mir meist sachlich, das Lächeln liegt zwischen den Zeilen. Jesu Humor bringt göttlichen Anspruch auf menschliches Maß. Wie sonst kann Jesus jeden einzelnen Menschen so sehr lieben? Liebe ist viel mehr als Schmetterlinge im Bauch. Zur Liebe gehört Wille. Großzügigkeit. Vergeben. Augenzwinkern - und eine Portion Irrationalität. Da ist einer, der mich trotzdem liebt. Liebe sprengt die Grenzen von Vernunft und Gefühl. Liebe treibt Christus ins Extrem: sein Tod und seine Auferstehung sind kein Witz.
Mein innerer Film zum Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lukas 15,3-7) läuft selbstständig weiter: 99 Schafe, die dem Hirten hinterherhetzen auf der Suche nach dem einen Schaf. Warum nicht? Da ist Tempo drin und keiner bleibt allein! Nah beim Hirten freuen sich die Schafe mit – über jedes verlorene, das gefunden wird. Frohe Botschaft! Ich sehe mich um: erkennt man Menschen, die Christus lieben, auch ab und zu an einem fröhlichen Lachen, an innerer Freude – mitten im Alltag?
Carolin Esgen, Prädikantin im Ev.-Luth. Dekanatsbezirk Lohr