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Pfingstliches Wirtshaus

Seit Wochen liegt das Foto auf meinem Schreibtisch: Der Rundbogen eines renovierten mittelalterlichen Hauses umfasst die offene Tür aus Eichenholz. Warmes Licht von der Seite taucht den Raum in Gelb und Orange. Deckenbalken, Steinfliesen und eine Kommode an der Wand strahlen Gemütlichkeit aus. Die offene Tür lädt ein: Komm herein!

Ein Text daneben von Jörg Zink: "Wenn ich beschreiben soll, was nach meiner Auffassung die Kirche in ihrer besten Gestalt sei, dann sage ich: Sie ist ein Wirtshaus, das am Weg steht, offen für jeden, der von der Straße hereinkommt, ein Haus, das für jeden, der durch die Tür tritt, einen Platz hat, Bank und Tisch und für jeden irgendetwas zu essen und zu trinken."
Das Bild ist mir symphatisch: Als Wirtssohn der ehemaligen "Krone" in Kleinostheim war für mich die Gaststube ein zweites Wohnzimmer. Geschichten voller Leben wurden erzählt, tragische und humorvolle. Am Stammtisch saßen alle auf Augenhöhe.
Ich denke an meine Urgroßmutter, die Ende der 30er Jahre unerschrocken dem Nazipolizisten die Stirn bot. Sie sollte ein Schild mit der Aufschrift "Juden sind hier unerwünscht" aufhängen. Bei dieser Wirtin war der Menschenverächter aber an die falsche Adresse geraten. Mit dem Schild musste er wieder abziehen.
Ich denke an meine Kirche, deren Geburtstag wir an Pfingsten feiern. Da wurden aus verängstigten Jüngerinnnen und Jüngern Menschen, die die Türen aufrissen und mit brennendem Herzen vom Auferstandenen erzählten. Keine Macht der Welt konnte sie mehr aufhalten.
Ich denke an die vergangenen Tage beim Katholikentag in Regensburg: Vielfältiges buntes Leben, unzählige engagierte Menschen, die sich von den Nöten und Zeitzeichen herausfordern ließen und sich einmischten. Mein Eindruck: Katholische Christinnen und Christen sind mutiger und freier geworden. Kirche als offener Gastraum wurde da erlebt, wo Ausgegrenzte eine Stimme hatten:
- Die Flüchtlingsfamilie, die im Kirchenasyl Zuflucht findet,
- die Frau, die als Wiederverheiratete zum Scheitern ihrer ersten Ehe steht und sich nicht abspeisen lässt, abseits vom Tisch des Herrn,
- die christlichen "Nomaden" auf der Suche nach einem Gottesdienst, in dem die Zeichen voller Leben und die Predigten Brot für den Alltag sind …

Wieder denke ich an den Stammtisch meines Elternhauses. Und wieder sehe ich das Bild der offenen Tür, das warme Licht und die Einladung: Komm herein!
Ich möchte meiner alten, behäbigen, manchmal starren Kirche, die doch auch mutig, leidenschaftlich und pfingstfeurig sein kann, die Worte des alten weisen Jörg Zink hinter die Ohren schreiben. Er erinnert sie an das Gastmahl als dem Urgleichnis Jesu: "Die offene Tür und das gemeinsame Essen, das Reden miteinander, das Zuhören und das Antworten, das Zurechthelfen, das Mutmachen für den weiteren Weg sind die Merkmale einer Kirche, die tut, was Jesus tat. Und es sind Merkmale jedes einzelnen Christen..."Also, liebe alte junge Kirche, mach die Türen auf!

Das, liebe Leserinnen und Leser, ist das Mindeste, was Sie erwarten dürfen, egal, ob Sie sich "drinnen" oder "draußen" fühlen. Am Stammtisch meines Elternhauses wurde noch für jeden, der sich dazusetzen wollte, ein Stuhl gefunden!

Burkhard Fecher, Gemünden
Pastoralreferent, Ehe- und Familienseelsorger