Natürlich ist die persönliche Vorsorge da ganz wichtig, ob mit Versicherungen oder dem Sparbuch. Darin sind wir Deutschen sogar Weltmeister! Anders sieht es schon aus, wenn es um die „körperliche“ Vorsorge, sprich unsere Fitness, die richtige Ernährung, das sich kümmern um unsern Körper geht. Und erst recht schüchtern werden die Menschen, wenn es um die Beschäftigung mit allen möglichen „Notfällen“ geht.
Ich war dieser Tage auf der jährlichen Konferenz der Beauftragten für die Notfallseelsorge. Da wurde uns das relativ neue Feld der Notfallpädagogik vorgestellt. Dabei geht es darum, sich gedanklich und emotional auf Notfälle vorzubereiten. Und damit sind nicht in erster Linie Flugzeugabstürze oder Erdbeben gemeint, sondern eher die Notfälle, die eigentlich jeden und jede treffen können. Ein Unfall, eine plötzliche Erkrankung, ein unerwarteter Todesfall oder anderes.
Als Pfarrer ist mir das nicht unbekannt, denn durch meinen Beruf werde ich immer wieder mit tragischen Schicksalen und unerwarteten Katastrophen konfrontiert, nicht nur in der Notfallseelsorge. Und natürlich stelle ich mir da auch immer wieder selbst die Frage, wie es mir wohl in einer solchen Situation ergehen würde.
Normalerweise aber weisen wir Menschen solche Fragen weit von uns! Selbst dann, wenn eine persönliche Katastrophe schon herauf zieht, wagen es viele nicht, sich damit auseinanderzusetzen. Die Notfallpädagogik hat aber nun herausgefunden, dass es für das Meistern einer Katastrophe gerade von herausragender Bedeutung ist, ob sich ein Mensch solchen Fragen schon im Vorfeld gestellt hat.
Damit komme ich zu meinem Glauben. Denn glauben bedeutet auch, sich mit den Schattenseiten des Lebens zu beschäftigen. Die meisten biblischen Erzählungen berichten nicht von Jubelgesängen, Feiern und Glückseligkeit, sondern von schwierigen Situationen: von Krankheit und Armut, von Anfeindung und Leid.
Katrin Göring-Eckardt, die ja auch Vorsitzende der Synode der Evangelischen Kirche von Deutschland ist, wurde im Main-Echo-Interview zur Bundestagswahl auch zu ihrem Glauben befragt. Ihre Antwort: „Durch meinen Glauben weiß ich: Es gibt immer etwas Größeres und Wichtigeres als diesen Wahlkampf, die nächste Pressekonferenz, den nächsten Fehler, den ich vielleicht machen könnte. Das gibt mir eine innere Freiheit, über die ich nach wie vor sehr froh bin.“
Das ist auch meine Erfahrung. Durch die Beschäftigung mit den biblischen Erzählungen, durch das mich hinein versetzen, in diese wie aktuelle „Notfälle“, lerne ich mit Krisen umzugehen, erfahre ich, dass Katastrophen überwunden werden können und weiß ich mich getragen von der allumfassenden göttlichen Liebe. Das gibt mir Gelassenheit und Freiheit im Leben, mit allem was kommen kann. Eigentlich doch wunderbar, oder?
Peter Kolb, Evangelischer Pfarrer, u.a. Beauftragter für die Notfallseelsorge in Aschaffenburg