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"Nehmen Sie"

Auf meinem Jakobusweg nach Spanien kam ich früh am Morgen durch ein kleines Dorf an der französisch-spanischen Grenze. Eine ältere Dame arbeitete gerade in ihrem Vorgarten. Ich grüßte und wollte weitergehen. Sie sprach mich an und hielt mir dabei ein halbes Dutzend Tomaten hin: „Nehmen Sie! Heute Nacht war ein Sturm. Er hat die Tomaten herunter-geweht.“

Beim Verstauen in den Rucksack fügte sie noch an: „Nehmen Sie auch das frische Stück Brot mit! Der Bäcker war gerade da.“ Ich dankte ihr und zog weiter. Als ich dann bei der Rast beide Geschenke in der Hand hielt und den ersten Bissen zu mir nehmen wollte, kam mir der Duft ihres Parfums auf der knackigen Brotkruste entgegen und ich „roch“ ihr zweimaliges „Nehmen Sie!“, das eine ganze Welt der Güte und Herzlichkeit in mir weckte, die mir bis heute, nach 20 Jahren noch, in Erinnerung geblieben ist.
„Nehmen Sie!“ Wie schwer tun wir uns oft damit, etwas vom anderen anzunehmen, im Glauben, uns damit in Abhängigkeiten zu begeben! Wir wollen alleine zu Recht kommen. Aber, ob wir es uns zugestehen wollen oder nicht – wir sind vom ersten Augenblick unseres Lebens an abhängig – von den Eltern, der Sonne, der Luft, usw. Wir sind tausenderlei verdankt. Um leben zu können, müssen wir uns sogar in Beziehungen und in Abhängigkeiten begeben. Wir sind keine Götter.
„Nehmt! Empfangt!“, sagte Jesus den Jüngern am Abend des Ostertages: „Empfangt den Heiligen Geist!“ Dies sagte er Menschen, die aus Angst und Resignation die Türen verschlossen hatten, ein Bild für ihr Inneres, das nach ihren enttäuschten Hoffnungen aus Mauern der Angst gebaut war. „Empfangt den heiligen Geist!“ Erinnerungen wurden in ihnen wach: „Heiliger Geist“, das ist doch der Geist, der, solange wir mit Jesus zusammen waren, wie ein Lebensstrom der Liebe und der Freiheit zwischen ihm, seinem Vater und den Menschen lebendig war. Heiliger Geist, das ist doch der Lebenshauch, den Gott dem ersten Menschen einhauchte, um aus einem Lehmklumpen ein Wesen mit Geist und Seele zu schaffen. Heiliger Geist, ihn „sah“ der Prophet Ezechiel, als tote Gebeine wieder zum Leben kamen. „Heiliger Geist“, das ist jener Geist, der Mauern niederreißt, Mauern der Erstarrung und Verhärtung, der Vergangenes, Totes loslassen kann, der wie lebendiges Wasser ist, das zunächst im Inneren des Menschen und nicht in mächtigen Tempeln oder Palästen sprudelt.
Dieser Geist ist seit der Erschaffung der Welt immer am Werk. Er weht, Gott sei Dank, wo er will, und ihn atmen wir in jedem Augenblick ein. Die Frage ist nur, wie tief!


Peter Spielmann, Oberstudienrat