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Maria

Der Mai ist der Marienmonat schlechthin, der Monat der Maiandachten zu Ehren Marias, zumindest in katholischer Tradition. Es werden Bilder und Statuen von Maria festlich geschmückt und bei abendlichen Wortgottesdiensten wird Maria als erste und schönste Blume der Erlösung gefeiert.

Weniger bekannt ist, dass bei diesen Marienandachten auch Lesungen aus dem Alten Testament eine Rolle spielen, aus dem Buch der Sprüche. Dort wird die göttliche Weisheit gepriesen. Sie tritt als Frau Weisheit auf, gilt als erstes Geschöpf Gottes und spielt vor ihm als alles geschaffen wird durch Gottes Wort. Es ist die Sophia, die der Maria vorausgeht. Wir wissen über sie sehr wenig. Sie war eine sehr junge, jüdische Frau, fast noch ein Mädchen, als sie ihren ersten Sohn zur Welt bringt. Jesus hatte nach biblischem Zeugnis leibliche Geschwister. Ihr werden vom Evangelisten Lukas die Worte des Magnifikat in den Mund gelegt. Und sie soll mit anderen Frauen unterm Kreuz gestanden haben. Insgesamt spielt die Herkunftsfamilie Jesu in den Evangelien keine große Rolle.

Protestantische Vorbehalte und Defizite

Martin Luther zeigte eine hohe Wertschätzung für Maria. Das beweist nicht zuletzt seine Auslegung des Magnifikat von 1521. Maria ist für Luther ein Sinnbild für den Glaubenden, der vor Gott nichts vorzuweisen hat und sich alles durch den heiligen Geist schenken lässt. Im Zuge der weiteren Entwicklung der Marienfrömmigkeit in der Römisch-Katholischen Kirche kommt es in den protestantischen Kirchen zu einer zunehmenden Entfremdung des gegenüber Maria. Sie wird zu einer konfessionellen Streitfigur. Vor allem die beiden letzten Mariendogmen unterstreichen diese Entfremdung: Es ist das Dogma von der „Unbefleckten Empfängnis Mariens“, von Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854 verkündet, welches Maria von der für alle Menschen geltenden Erbschuld freispricht. Sowie das am 1. November 1950 von Papst Pius XII. formulierte Dogma der leiblichen Aufnahme in den Himmel. Diese beiden neuen Mariendogmen haben dazu geführt, dass auf evangelischer Seite Maria vergessen wurde. Maria trägt eine schwere Last an dem Erbe, das ihr in vielen Jahrhunderten der Verehrung auferlegt wurde. Maria trat aus ihren Bildern Der reformierte Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti hat in einem seiner Gedichte den Versuch gewagt, Maria wieder ins Gedächtnis zu rufen. Sein Gedicht mit dem Titel „Und Maria trat aus ihren Bildern“ endet so:

und sie war und sie ist

vielleibig vielstimmig
die subversive hoffnung
ihres gesangs

Marti nimmt die Botschaft aus dem Lobgesang der Maria auf und sieht Maria in vielen Frauen der Geschichte bis heute weiterwirken. Mir gefällt persönlich ein anderes, aus dem Mittelalter stammendes Bild von Maria: Maria liest. Sie sitzt inmitten anderer und hält ein Buch in der Hand, wahrscheinlich die Bibel, und liest darin. Historisch nicht sehr wahrscheinlich, aber wie das Magnifikat ungeheuer subversiv. Gegen alle Klischees und für eine Bildungsfrömmigkeit im weiteren Sinne: Machen wir es Maria nach. Lesen wir.  

 

Dr. Iris Kreile, Pfarrerin in St. Paulus, Aschaffenburg