Während ich mit den Eltern über Theologisches zur Taufe sprach, beobachte ich die Kleine zu Füßen des Stuhls ihrer Mutter. Ich dachte mir, sie könne sich bei dem Schwall fremder Begriffe nur maßlos langweilen. So stand ich auf und holte die Matrioschka vom Regal, von der Alexa weiß, dass es sich um eine „aus Holz gefertigte und bunt bemalte, ineinander schachtelbare russische Puppe mit Tailismancharakter“ handelt.
Ich hatte sie geholt, damit Hanna etwas zum Spielen habe: In Wirklichkeit erteilte sie uns Erwachsenen eine Lektion zur Taufe. Es war ein Spiel, das sie mit vollem Ernst die ganze Zeit betrieb. Sie zerlegte die Puppe, baute sie wieder zusammen und dies mit unendlicher Geduld – immer und immer wieder, wobei sie Kleinmatrioschka ganz im Inneren immer wieder in ihren Händen hin und her wog. Ich sprach mit ihr und ihren Eltern darüber, was sie in einigen Wochen erwarten würde. Sie bekomme die Taufe als ein Geschenk von Jesus, das viele wertvolle Geheimnisse berge. Immer neue Geheimnisse im Verlauf ihres Lebens. Und ganz tief drinnen in der Puppe ruhe etwas ganz Schönes, etwas, das heil, ganz, unversehrt ist. Christen geben ihm den Namen Jesus. Ohne dieses schöne Innere wäre Matrioschka nur halb so schön, halb so wertvoll und ohne ein tiefes Geheimnis, das es zu entdecken gelte.
Hanna nahm die Matrioschka mit nach Hause, und als sie sich Wochen später über das Taufbecken beugte, war mir, als beuge sie sich über das Geheimnis in ihrer Matrioschka. Hanna – eine noch junge Christin, die intuitiv kindlich etwas vom Gläubigsein eines Christen begriffen hat: Es gibt eine Mitte in uns, die lebt, die ein menschliches und göttliches Gesicht hat und ganz ist. Vor mehr als 1600 Jahren fasste der Bischof Cyrill von Jerusalem (315-387) das Geschenk der Taufe in die Worte: „Der Geist, der in dir, Täufling, wohnt, macht deinen Geist zu einem Haus Gottes“.
Peter Spielmann, pastoraler Mitarbeiter in Obernau