Die anderen hängen an den Bildern der Fußball-Weltmeisterschaft zuhause, im Stammlokal oder beim public viewing. Es ist die Zeit zum Diskutieren und zum Nachdenken. Ein Glas Wein, ein Bier oder auch leckere Limonadespezialitäten passen zur Stimmung und verstärken sie. Dazu gibt es Gespräche über Gott und die Welt. Über Fußballgötter und Versager, über die menschliche Hybris und manches Unvermögen. Die Probleme der weiten Welt werden diskutiert, gelöst oder erst geschaffen, die kleinen persönlichen Welten werden verändert und gerettet. Am Stammtisch und im Weinlokal wird philosophiert. Irgendwann – unter freiem Himmel – geht der Blick nach oben und bleibt am Sternenhimmel hängen: weit entfernt glänzen zahllos viele Sterne, die von einer Weite künden, die der Mensch allenfalls erahnen kann. Schlagartig wird klar, wie klein unsere Erde im Gesamtgefüge ist. Wie unbedeutend sich ein Mensch fühlen kann. Wie klein bisher so Bedeutendes wie ein großer Sieg oder schmerzhafter Verlust oft wird.
„Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ fragt die Psalmbeterin staunend. Sie, ein Mensch in seinem Umfeld, mit großen und mit kleinen Sorgen, mit Höhen und Tiefen im Leben, hat diese Erfahrung gemacht. Sie fühlt sich klein mit allen ihren schönen und schweren Päckchen angesichts der lebenskräftigen Schöpfung, die im Sommer in all ihrer Pracht überall zu entdecken ist und auf sie einwirkt. Fußballgötter? Verlorene Spiele? Angesichts der Größe des Universums verliert so vieles seine Bedeutung. Und deswegen fragt sie: „Was ist der Mensch, dass Gott an ihn denkt?“ Der Psalmbeter gibt an anderer Stelle die Antwort: Ich gehöre in diese Schöpfung, in dieses Universum, mit allem, was mich bewegt, mit allem, was zu mir gehört: mein Können und mein Versagen, meine Gaben und das Unfertige. Ob ich auf dem ersten, dem vierten oder dem letzten Platz lande, ob mir etwas gelingt oder nicht. Das alles ist zweitrangig. Und er spricht zu Gott: „Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele.“
Sommer. Lange Nächte, lange Tage. Es ist die Zeit zum Staunen und zum Wundern. Der Mensch ist wunderbar gemacht. Auch Du, auch Sie, auch ich.
Ihre Pfarrerin Heike Behrendt, Alzenau und Schöllkrippen