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Durch Verzicht zum Genuss

Seit Aschermittwoch hat nun wieder die Fastenzeit begonnen, jene 7 Wochen, die zur Vorbereitung auf das Osterfest dienen. Der christliche Glaube beider Konfessionen hält daran fest, im Jahresrhythmus Akzente zu setzen.

Unsere heutige Gesellschaft dagegen nivelliert die ursprüngliche Dynamik zwischen Zeiten des Feierns und Zeiten der Ruhe, Zeiten der ausgelassenen Fröhlichkeit und Zeiten der zurück gezogenen Besinnung. Verrückterweise geht der Trend heute sogar dahin, nur noch Höhepunkte zu setzen und einen Event nach dem anderen abzufeiern.
Doch unsere Seele lässt sich nichts vormachen: Selbst Höhepunkte, wenn sie dicht aneinandergereiht werden, werden flach. Feste, deren Gaumen- oder andere Freude schon ausgiebig vorweg genommen wurden, werden schal und leer. Ich habe Kinder erlebt, die hatten keine Lust mehr zum Osternester-Suchen, weil sie seit Weihnachten bereits mit Schokolade-Osterhasen übersättigt waren. Es ist schwer sich dagegen zu stemmen, wenn die Regale der Supermärkte schon jetzt vor Ostereiern überquellen.
Aber es lohnt sich, bewusst die Hand zurück zu ziehen und noch 7 Wochen auszuhalten. Wir Erwachsenen könnten es ihnen vormachen. Fasten ist bewusster Verzicht auf Konsum. Jede/r mag sich da etwas anderes vornehmen, worauf er/sie verzichten will.
Verzicht ist heute wohl deshalb unpopulär, weil er als Verlust an Lebensqualität erscheint. Aber das stimmt nicht.
Ich vergleiche gerne das Leben mit einem Gemälde aus vielen Farbtönen. Helle, freundliche Farben kommen auf die Leinwand unseres Lebens genauso wie dunkle, traurige Flecken. Sanfte Farbtöne mischen sich mit grellen. In der Kunst gilt es, die Farben, die auf die Leinwand kommen, gut zu dosieren, abzuwechseln, aufeinander zu beziehen, erst dann entsteht ein eindrucksvolles und spannendes Bild. So verlangt auch die Kunst des Lebens einen wohldosierten Umgang mit den Freuden der materiellen Güter, den großartigen Erlebnissen und Höhepunkten und den unterschiedlichen Empfindungen und Stimmungen. Ich habe einmal den denkwürdigen Satz gelesen: “Es gibt eine untergründige Verwandtschaft zwischen Genügsamkeit und Genuss”. Tatsächlich kann man etwas Schönes eigentlich nur aus dem Kontrast heraus bewusst erleben: Einen Urlaubstag nach anstrengenden Arbeitseinsätzen, eine warme Dusche nach einem Spaziergang im nasskalten Wind; eine festliche Sonntagsmahlzeit nach einer kargen Woche, Freude nach einer Zeit des bewussten Trauerns, einen warmen Sonnenstrahl nach einem langen Winter…
Früher durchlebten die Menschen diesen Kontrast viel deutlicher und ich wage zu behaupten, sie lebten dadurch viel intensiver. Fasten kann ein neues Bewusstsein schaffen für die verschütteten Seiten des Lebens. Es ist eine Chance, das Leben neu wahrzunehmen in seinen verschiedenen Schattierungen. Das kann ein unerwarteter Genuss werden. Vielleicht stellt sich dann auch eine neue Dankbarkeit darüber ein, dass Gott uns täglich das Leben und die Mittel zum Leben schenkt…
Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihr Leben mal wieder ganz bewusst und neu spüren können.

Pfr. Bernd Töpfer