Wenn eine badische Abiturientin die Wendung »der Mann, der wo gestern im Laden war« für richtiges Deutsch hält, und sich diese ohne das »wo« gar nicht vorstellen kann, – wer hat das Recht ihr zu sagen, das sei falsch? Dagegen ist die unsinnige Rede von »mehreren Alternativen« oder »Alternativlosigkeit« schon fast eingebürgert. Anderes kam in den letzten Jahren aus der Mode: »Ich buk mir ein Brot« hält kaum noch jemand für korrekt und das Wort »kriegen« für »etwas bekommen« ist fast nur noch als Kindersprache, im Dialekt und in der Lutherbibel üblich. Genug der Vorrede.Seit geraumer Zeit wird ein Begriff immer wichtiger: Alles wird 'professionalisiert'. Nicht nur Computerprogramme kriegen den Beinamen 'pro(fessional)', sondern auch Kindergärten, Beratungen, Seniorennachmittage und Gottesdienste werden »professionell« betrieben oder gestaltet. Selbst Ehrenamtliche werden jetzt professionell geschult, um auch professionell arbeiten zu können. Dabei ist gerade das, genau genommen, unmöglich. – Warum?
Professionell bedeutet nämlich, dass es beruflich und Profit orientiert geschieht. Und genau diese Profitorientierung ist dem Ehrenamt fremd. Es geht ihm nicht um Profit, sondern darum, etwas zusätzlich zu tun, etwas, von dem man sagen kann: Nicht nötig, aber gut dass es das gibt. Gut dass es die Ehrenamtlichen gibt, die mit Freude und Liebe handeln.
Die Wörter 'Liebe' und 'Freude' jedoch beherrschen zwei andere Fremdwörter, welche zurzeit einen miserablen, abwertenden Beigeschmack haben: Amateur (Liebhaber/in) und Dilettant (sich Freuende/r). Diese sind es, welche ohne auf das Geld zu schielen tolle Sachen machen. Gerade diese Freude und Liebe zur Arbeit ist es doch, welche die Ehrenamtlichen auszeichnet und sie unverzichtbar macht – und auch vielen Profis gut anstehen würde. Diese ehrenwerte Amateure und Dilettanten (im besten Wortsinn) zu professionalisieren bedeutet entweder, sie zu bezahlen oder aus ihrem Ehrenamt Profit zu schlagen – und damit Freude und Liebe kaputt zu machen.
Mir scheint, die Abwertung der Dilettanten und die Hochschätzung der Professionalität ist keine Laune der Sprachgeschichte, welche die Werte schon mal verschiebt. Sie sind Ausdruck einer Überheblichkeit, welche alles für machbar hält, wenn die richtige Methode 'professionell' angewendet wird. Das aber funktioniert so höchstens bei Maschinen; im Umgang mit Menschen braucht es Liebe und Freude. Profis, die noch Amateure und Dilettanten sind, wären ein gutes Ziel. Mit einer scheinbar perfekten, aber lieblosen Welt ist niemand gedient.
Einen schönen Sonntag und eine gute Woche wünscht Ihnen
Hans-Josef Born