Durchführt wurde die Veranstaltung als Kooperation der Hauptabteilung „Bildung und Kultur“, der Hauptabteilung „Seelsorge“ und des Diözesan-Caritasverbands. Insgesamt werden in der Diözese Würzburg am Ende neun dieser Werkstätten in allen Regionen stattgefunden haben mit dem Ziel, das Konzept der Sozialraumorientierung auf die Situation der kirchlichen Arbeit zu übertragen und konkrete Ideen für die Umsetzung zu entwickeln.
Wenn man eine Werkstatt betritt, dann erwartet man nicht fertige Produkte, die man einpacken und mitnehmen kann, sondern man sucht nach dem Werkzeug, das es braucht, um sich selber an die Arbeit zu machen. In diesem Sinne war auch die Regionalwerkstatt angelegt. Dekan Martin Heim nannte in seiner Begrüßung das Zusammenwirken von Haupt- und Ehrenamtlichen als eine besondere Bereicherung für die Arbeit an diesem Thema. Ordinariatsrätin Dr. Christine Schrappe, Leiterin der Hauptabteilung „Bildung und Kultur“, betonte den hohen Stellenwert, der dem Thema Sozialraumorientierung im Bistum zukomme. Es sei dazu geeignet, die aktuellen Strukturreformen auch inhaltlich zu füllen und werde „von der Methode zur Überlebensfrage“.
Die Moderatoren Kilian Bundschuh und Christiane Holtmann vom Diözesan-Caritasverband klärten zunächst den Begriff Sozialraumorientierung. Nach ihren Worten sei die Außenwahrnehmung von Kirche aktuell, dass sie vor allem mit ihren hausgemachten Problemen beschäftigt sei und zu wenig die Bedürfnisse der Menschen in den Blick nehme. Die Sozialraumorientierung sei dagegen eine Haltung, bei der es darum gehe, eben genau auf die Bedürfnisse und Stärken der Menschen zu schauen. „Das wichtigste ist, dass ich nach dem Willen der Menschen frage und danach, was der andere bereit ist, für die Umsetzung des Willens mit einzubringen“, erklärte Holtmann. Die Konzentration auf das, was die Menschen selbst an Ressourcen investieren können, und die Vernetzung und Kooperation mit anderen Initiativen, Vereinen und der Kommune vor Ort seien weitere Prinzipien dieser Arbeit. Am Ende soll nicht nur eine Analyse der Situation stehen, sondern ganz konkret etwas Gutes für die Menschen passieren. Das wurde auch bei der von Gemeindereferentin Andrea Englert vorgenommenen biblischen Einordnung des Ansatzes deutlich. Am Beispiel der Erzählung von der Heilung des blinden Bartimäus zeigte sie auf, dass die Frage „Was willst du, dass ich dir tue?“ den Christen sozusagen in die Wiege gelegt sei.
Konkret wurde diese Frage dann an die Teilnehmenden gestellt. Sie sollten äußern, welche Fragen sie in ihrem Umfeld bewegen. Da wurden sowohl Themen aus dem kirchennahen Bereich genannt wie etwa die Distanz der jungen Generation gegenüber alten Formen und Traditionen der Kirche, die Suche nach neuen spirituellen Angeboten und die Schwierigkeiten, für kirchliche Angebote Interesse zu wecken. Aber auch die Probleme armer Menschen, die sich aus Scham nicht an die Kirche wenden wollen, die Einsamkeit bei vielen Senioren, die zunehmend schwierig werdende Betreuung der Altenheime und die Frage nach einer politischen Positionierung der Kirche angesichts des Rechtsrucks in der Gesellschaft kamen zur Sprache. In Kleingruppen sollten einzelne Fragestellung genauer beschrieben werden, um dann erste Schritte zu skizzieren, wie man ein Thema vor Ort bearbeiten könnte.
Der Vormittag schloss mit der Vorstellung einiger Beispiele aus Gemeinden der Region, die gezielt im sozialen Bereich Projekte für ihren Ort auf die Beine gestellt haben. Da ging es um Seniorenbetreuung genauso wie um Nachbarschaftshilfe oder Kinderbetreuung. Beispielsweise bietet im Aschaffenburger Stadtteil Nilkheim das Projekt „PuzzeLN“ seit einem halben Jahr eine Art Ehrenamtsbörse an, über die man sowohl Dienste abrufen als auch selber anbieten kann. Von der Hausaufgabenhilfe bis zum „Tiersitting“ erstrecken sich die Angebote dieser Initiative und ergeben so ein buntes Puzzle, an dem immer noch weiter gebaut werden kann.
„Hier waren viel Energie und viele Ideen im Raum, die jetzt auf Umsetzung warten“, sagte Betriebsseelsorger Marcus Schuck aus dem Vorbereitungsteam am Ende der Veranstaltung. Damit das passiert, müssen die Ideen auch in die Gemeinden und Pastoralen Räumen getragen werden. Holtmann kennt die Kritik vieler hauptamtlich in der Seelsorge Beschäftigten, die Überlegungen zur Sozialraumorientierung mit den Worten „Was sollen wir denn noch alles machen?“ abwehren. Ihre Antwort: Vor allem sei das Konzept eine Haltungsfrage und nicht ein zusätzliches diakonisches Projekt. „Die Sozialraumorientierung sollte sich durch die gesamte Arbeit durchziehen“, sagte die Caritas-Fachbereichsleiterin für Sozialpastoral.
Schrappe will nach der vergangenen Veranstaltung im März die Werkstätten gut auswerten und dann in der Projektgruppe überlegen, was die nächsten Schritte sind, um den Ansatz der Sozialraumorientierung weiter in die Seelsorgearbeit einzupflanzen. „Auf jeden Fall wird das Eingang finden in die Fort- und Weiterbildung.“
Auch die Teilnehmer zeigten sich am Ende der Veranstaltung vom Austausch, den Ideen und der Möglichkeit, sich zu vernetzen, angetan. Mit Blick auf die aktuell schwierigen Diskussionen rund um die Kirche gerade auch in der Region Aschaffenburg sagte ein ehrenamtlicher Teilnehmer: „Die Werkstatt hat gezeigt: Wir sind eine Gemeinschaft, die miteinander kommuniziert und etwas Positives bewirken will.“
bv (POW)
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