Kehrt um – im ursprünglich griechisch abgefassten Text steht da ein Begriff, der auch bedeuten kann: „Ändert euer Denken!“ oder „Betrachtet die Dinge in einem anderen Licht!“
Kehrt um, denkt um, schaut noch einmal hin, handelt anders. Das ist nicht immer leicht, manchmal vielleicht unmöglich. Wenn Verletzungen noch schmerzen, die andere uns zugefügt haben, ist Verzeihen schwer. Und doch glaube ich, je mehr uns das gelingt, desto besser werden die Wunden heilen. Wenn es uns gelingt, in einem Konflikt einmal die Perspektive der anderen einzunehmen, können wir sie vielleicht besser verstehen.
Sogar auf internationaler Ebene ist es möglich, anders hinzuschauen und eine feindliche Gesinnung loslassen: Obwohl es zwischen der Türkei und Griechenland immer wieder schwere Spannungen gab, schickte Griechenland kürzlich sofort Rettungsteams in das türkische Erdbebengebiet. Die Außenminister beider Länder begegneten und umarmten sich. Mich hat das berührt.
Ich frage mich, ob es im Krieg, den Russland vor einem Jahr in der Ukraine begonnen hat, auch möglich sein könnte, dass die Verantwortlichen umdenken und anders handeln? Könnte ihnen bewusst werden, dass es keine Rechtfertigung dafür gibt, ein Land mit Krieg zu überziehen, Städte zu zerstören, Menschen zu töten, übergroßes Leid zu erzeugen? Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis die seelischen Wunden aus diesem Krieg geheilt sein werden. Wann wird die Menschheit lernen, Frieden einzuüben, anstatt das Kriegshandwerk immer effektiver zu machen?
Fragen, auf die ich keine Antwort habe. Ich kann nur hoffen, dass es da und dort ein Umdenken gibt, das dem Frieden einen Weg bahnt. Umdenken und anders handeln - im persönlichen Umfeld können wir es einüben, denn wenn es da schon nicht gelingt, wie soll es auf der Weltbühne gelingen?
In der Bibel lesen wir an mancher Stelle, dass Gott sich den Menschen immer wieder zuwendet – trotz allem. Ich verstehe das als Einladung Gottes an uns: „Wendet euch mir zu. Wendet euch einander zu. Findet gute Wege miteinander. Und vertraut darauf: Ich gehe mit.“
Brigitte Glaab, alt-katholische Priesterin, Aschaffenburg